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AM BODEN



zitty 12/2018


Das kleine Theater unterm Dach (TuD) hat einen Coup gelandet. Während sich landauf, landab die Stadttheater um ¬George Brants Drohnenkriegsstück „Am Boden“ reißen (sieben Inszenierungen gibt es allein in dieser Spielzeit), bekam in Berlin Regisseur Mirko Böttcher fürs TuD die Rechte. Böttcher und seine Schauspielerin Silke Buchholz erzählen das Stück stringent. Es ist auf den ersten Blick ein Befindlichkeitsstück über eine Kampfpilotin, die, als sie schwanger wird, zur Drohnenpilotin umgeschult wird. „Von der Airforce zur Chairforce“, lautet ihr bitterer Kommentar, vom echten Krieg mit dem blauen Himmel über dem Kopf und dem Adrenalin, das bei Gefahr fürs eigene Leben ausgeschüttet wird, hin zur 12-Stunden-Schicht als Sesselfurzerin mit Joystick im klimatisierten Wohnwagen.

Die Pilotin erfährt aber selbst dort den Kick, der beim Töten den Körper durchschüttelt. Und sie erleidet, im Sessel, vor dem Monitor, posttraumatische Belastungsstörungen. Autor Brant skizziert das prägnant, Buchholz findet spielerischen Ausdruck dafür. Seine eigentliche Größe gewinnt das Stück aber dadurch, dass es das Überwachungsszenario der Gott-gleichen Drohne mit der Alltagsüberwachung im Supermarkt und im Spielcasino verknüpft. Überall Kameras, diffuse Wärmebilder, pixelige Screenshots – und hinter jedem Monitor einer, der sich als Gott fühlen kann, mit Auslöseknopf oder ohne.



www.hamburgtheater.de, 13.4.18



Regisseur Mirko Böttcher zeigt mit seiner Darstellerin Silke Buchholz eine Frau, die ihre anfängliche Begeisterung für ihren gefährlichen und prestigeträchtigen Job als "Heldin" verliert und mit den Abgründen ihrer Tätigkeit konfrontiert wird. Beraubt des Kicks durch das "grenzenlose Blau" wird sie sich gerade in der virtuellen Umsetzung mit der zerstörenden Wirkung ihrer Arbeit bewusst. Früher war sie immer schon weit entfernt, wenn die Bombe explodierte. Ein sehr eindrucksvoller Abend, dem man erheblich mehr Zuschauer bei dem Gastspiel des Berliner Theater unterm Dach im Monsuntheater gewünscht hätte. Heute Abend ist eine letzte Gelegenheit in Hamburg dieses sehr aktuelle, spannende Stück zu sehen.